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Bewahrung der Schöpfung und Grenzen des Wachstums

Bildnachweis: Foto Weizenfeld von Ray Shrewsberry, Lizenz erworben unter https://pixabay.com/de/illustrations/ai-generiert-weizen-feld-8942768
Bildnachweis: Foto Weizenfeld von Ray Shrewsberry, Lizenz erworben unter https://pixabay.com/de/illustrations/ai-generiert-weizen-feld-8942768

Die gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) wird neu diskutiert. Agrarindustrie, Bauern, Umwelt- und Tierschutz haben unterschiedliche Interessen.

Artenschutz, biologische Landwirtschaft, Tierschutz sowie die Beendigung des Raubbaus an unseren natürlichen Ressourcen, des Bienensterbens, der Brandrodung der Regenwälder, der Mikroplastikverbreitung und der Nitratvergiftung des Grundwassers durch Pestizide und Waschmittel sind als Bewahrung der Schöpfung Aufgaben christlich-demokratischer Politik. Das bedeutet den Abschied von der Politik des grenzenlosen Wachstums.

Im neuen Grundsatzprogramm der Christlich-Demokratischen Union (CDU) heißt es u.a.: „Unsere Politik verbindet (…), Soziale Marktwirtschaft und Ordnungspolitik, Ökonomie und Ökologie, Wettbewerbsorientierung und Technologieoffenheit, (…)“. – Quelle: https://www.grundsatzprogramm-cdu.de/sites/www.grundsatzprogramm-cdu.de/files/downloads/240507_cdu_gsp_2024_beschluss_parteitag_final_1.pdf (Seite 13)

Und weiter hinten heißt es: „Wir Christdemokraten sehen uns in der Verantwortung, die Schöpfung zu bewahren. Wir verstehen Nachhaltigkeit umfassend. Nachhaltiges Denken und Handeln gehört zur DNA unserer Partei. Die CDU schuf das erste Bundesumweltministerium, sie stellte die Weichen für nachhaltiges Wachstum und saubere Energien. (…) Der Klimawandel und die Gefährdung der biologischen Vielfalt sind eine existenzielle Bedrohung für unsere Erde und uns Menschen. Die Bewältigung dieser Herausforderungen kann nur im globalen Zusammenwirken mit den Menschen gelingen, nicht gegen sie. Daher gehören für uns Ökologie, Ökonomie und Soziales, auch im Hinblick auf Generationengerechtigkeit, untrennbar zusammen. Wir Christdemokraten arbeiten für eine Umwelt, in der saubere Luft, sauberes Wasser und gute Böden eine Selbstverständlichkeit sind. Wir arbeiten für eine Zukunft, in der Energie sicher, sauber und bezahlbar ist. Auch hierfür ist die Soziale Marktwirtschaft das Modell der Zukunft. Mit ihr sorgen wir dafür, dass unsere Heimat lebenswert bleibt. Wir sind die Partei der Nachhaltigkeit, die Wirtschaft, Umwelt und Soziales zusammenbringt.“ – Quelle: ebenda, Seiten 61 ff.

Politik zur Bewahrung der Schöpfung war in der CDU früh vorgedacht, fand aber nicht von vornherein volle Unterstützung: Dr. Herbert Gruhl war von 1969 bis 1978 CDU-Bundestagsabgeordneter im Wahlkreis Hannover-Land, bevor er austrat und die Grünen mitbegründete. Die Veröffentlichung seines Buches "Ein Planet wird geplündert – Die Schreckensbilanz unserer Politik" im September 1975 avancierte zum Bestseller, wurde von der CDU jedoch kaum öffentlich diskutiert. Nach der Bundestagswahl 1976, bei der Gruhl in seinem Wahlkreis Hannover-Land überdurchschnittlich viele Stimmen für die CDU hinzugewinnen konnte, entzog die Partei ihm die Aufgaben des Sprechers für Umweltfragen in Fraktion und Partei. - Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Herbert_Gruhl

Als ich 1970 in Hannover in die CDU eingetreten bin, stand sie für christliche Werte, deutsche Einheit und soziale Marktwirtschaft. Das westdeutsche Wirtschaftswunder hatten CDU und CSU seit 1949 im Miteinander der Tarifpartner ordnungspolitisch ermöglicht (paritätische Montan-Mitbestimmung 1950, Betriebsverfassungsgesetz mit fast paritätischer Mitbestimmung 1952, Mitbestimmungsgesetz 1976). Mein CDU-Kreisvorsitzender und Bundestagsabgeordneter Rudolf Werner machte 1972 schon Wahlkampf mit dem Thema Luftverschmutzung, thematisierte die Bewahrung der Schöpfung und den Umweltschutz in einer Plakat-Kampagne. Allerdings wurde er deshalb durch das Landeslistengremium der niedersächsischen CDU vom 9. auf den aussichtslosen 23. Listenplatz verschoben. - Vgl. dazu https://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_Werner_(Politiker)

1972 stellen Dennis und Donella Meadows ihre Studie „Die Grenzen des Wachstums“ vor. Nicht die Natur sei eine Gefahr für den Menschen – sondern umgekehrt. Das passte weder kommunistischen noch kapitalistischen Politikern ins Konzept. Der Bericht für den „Club of Rome“ geriet zum Gründungsdokument für die Umweltbewegung. - Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/appelle-des-20-jahrhunderts-3-die-grenzen-des-wachstums-1972.724.de.html?dram:article_id=418360

Die zweite Studie des „Club of Rome“ von Mihailo Mesarovic und Eduard Pestel – 1973 unter dem Titel „Menschheit am Wendepunkt“ erschienen – lieferte genauere Berechnungen für die in zehn Regionen eingeteilte Erde. Dafür wurde dem Club of Rome 1973 der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen. - Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/appelle-des-20-jahrhunderts-3-die-grenzen-des-wachstums-1972.724.de.html?dram:article_id=418360

1976 berief der niedersächsische Ministerpräsident Ernst Albrecht (CDU) Eduard Pestel zum Wissenschaftsminister. Nachhaltigkeit wurde zumindest symbolisch zur CDU-Politik in Niedersachsen. Leider nicht auf Bundesebene, siehe Herbert Gruhl.

Damals gab es noch keine Grünen. Ohne Not hat die CDU die Themen Bewahrung der Schöpfung, Grenzen des Wachstums, maßvoller Umgang mit den Ressourcen der Natur sowie Klima- und Umweltschutz aufgegeben bzw. deren Propheten aus unserer Union hinausgeekelt, statt die Meinungsführerschaft zu übernehmen. – https://www.diesachsen.de/blogger/klimapolitik-der-cdu-seit-1970-3001564

In Jahrzehnten unionsgeführter Bundesregierungen unter den Bundeskanzlern Helmut Kohl und Angela Merkel haben CDU und CSU zwar den Ausstieg aus der Atomenergie und das Klimaschutzgesetz angestoßen, in ihrer Landwirtschaftspolitik aber die konventionelle Landwirtschaft bedingungslos unterstützt und Klientelpolitik für sie gemacht, demgegenüber die ökologische Landwirtschaft vernachlässigt. Auch nach dem Gammelfleisch-Skandal wurde der Verbraucherschutz kaum verbessert. Die Haltung von Sauen in viel zu engen Käfigen wurde immer wieder verlängert. Freiwillige Siegel für Haltungsformen ändern daran wenig, wenn der Preis stark differiert, weil die konventionelle Landwirtschaft weiter massiv gefördert wird.

Im klaren Gegensatz dazu meine ich, daß es Unsinn ist, konventionelle und ökologische Landwirtschaft gleichermaßen zu fördern. Dazu unten mehr.

Außerdem beobachte ich, daß immer mehr bäuerliche Familienbetriebe aufgeben müssen, weil sie keine Nachfolger finden, die den Betrieb übernehmen, aber auch, weil sie mit industriellen Agrarbetrieben nicht mehr konkurrieren können. Das ist einerseits eine Folge zunehmender Konzentration auf dem Agrarmarkt, nach der Wende insbesondere im Wettbewerb mit Agrargenossenschaften in Ostdeutschland, die aus Landwirtschaftlichen Produktions-Genossenschaften (LPG’s) der DDR entstanden sind. Anderseits haben seit zehn Jahren ausländische, besonders chinesische Agrarkonzerne weltweit Bauernhöfe und deren Flächen aufgekauft, auch in Deutschland und sonst in Europa, und erhalten für ihre geradezu großindustrielle Agrarproduktion jetzt Agrarsubventionen aus der „Gemeinsamen Agrarpolitik“ (GAP) der EU, siehe https://www.agrarheute.com/management/betriebsfuehrung/10-reichsten-landwirte-welt-fuenf-chinesen-kein-deutscher-587803 . Das verkehrt den Sinn dieser Agrarsubventionen in ihr Gegenteil, meine ich.

Die EU als Europäische Wirtschafts-Gemeinschaft (EWG) ist ganz wesentlich daraus entstanden, daß die Gründungs-Mitglieder der EWG ihren gemeinsamen Agrarmarkt durch Agrarsubventionen gegen ansonsten deutlich preiswertere Agrarimporte aus aller Welt abgeschottet haben. Diese „Gemeinsame Agrarpolitik“ (GAP) der EWG und heute der EU verfolgt das Ziel, die Versorgung mit Nahrungsmitteln innerhalb der EU zu gewährleisten und die Einkommen der Landwirte zu sichern, die sonst im globalen Dumping-Wettbewerb keine Chance hätten. Die GAP ersetzt zu weiten Teilen nationale Agrarförderpolitiken, vgl. https://www.bpb.de/themen/umwelt/landwirtschaft/327284/die-entwicklung-der-gemeinsamen-agrarpolitik-der-eu , https://www.bmel.de/DE/themen/landwirtschaft/eu-agrarpolitik-und-foerderung/gap/gap-geschichte.html und https://www.bauernverband.de/themendossiers/agrarfoerderung .

Seit 1992 gab es Bestrebungen, die GAP zu reformieren und stärker am globalen Agrarmarkt zu orientieren. Die Agenda 2000 setzte die stärkere Marktorientierung durch weitere Kürzungen von Interventionspreisen und eine Einkommensstützung über direkte Einkommenstransfers fort. Diese wurden nun als Direktzahlungen bezeichnet. Die Politik zur Entwicklung ländlicher Räume wurde als 2. Säule der GAP aufgewertet und fasste Agrarstruktur- und Agrarumweltmaßnahmen sowie über den Agrarsektor hinausgehende Maßnahmen zur ländlichen Entwicklung zusammen. Die Agenda 2000 und die GAP-Reform von 2003 sind auch vor dem Hintergrund der damals anstehenden Osterweiterung der EU zu sehen. 2003 und 2013 wurde die GAP weiter reformiert. Zwischenzeitlich gab es sogar von der EU finanzierte Flächenstilllegungen, um exzessiver Flächennutzung entgegen zu wirken und Ackerböden in einem guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand zu erhalten. Diese Flächenstilllegung, die zeitweise 15% der Ackerfläche betrug, wurde 2008 ausgesetzt und 2009 vollständig abgeschafft (vgl. Holst und von Cramon-Taubadel 2014).

Das Kernelement der GAP-Reform von 2013 ist die sogenannte Ökologisierung ("Greening") der Direktzahlungen. Die Direktzahlungen wurden damit nicht nur an die Einhaltung der Cross-Compliance-Regelungen geknüpft, sondern an die Einhaltung weiterer Umweltkriterien gebunden, die die Vielfalt der angebauten Kulturen, den Erhalt von Dauergrünland und die Nutzung von mindestens 5% der Ackerfläche als sogenannte ökologische Vorrangflächen (z. B. als Brachflächen oder für den Zwischenfruchtanbau) betreffen. Die Direktzahlungen sind weiterhin das wichtigste agrarpolitische Instrument. Sie bestehen aus mehreren Komponenten. Die finanziell wichtigste ist die Basisprämie. Sie wird von der Europäischen Kommission als Einkommensgrundsicherung für die Landwirtschaft gerechtfertigt.

Die zweitwichtigste Komponente ist die Greening-Prämie, die als "Zahlung für dem Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethoden" begründet wird. Dennoch wird die GAP-Reform von 2013 von vielen Wissenschaftlern als vertane Chance gesehen. Der wissenschaftlich oft empfohlene schrittweise Ausstieg aus dem Direktzahlungssystem und der Ausbau der gezielten Honorierung öffentlicher Güter erfolgten nicht (vgl. WBAE 2018). Die Ökologisierung der Direktzahlungen hat zwar geringe positive Auswirkungen auf die Biodiversität und den Klimaschutz. Mit gezielteren, regional zugeschnittenen Maßnahmen, die über die 2. Säule der GAP umgesetzt werden könnten, ließe sich aber bei gleichem Finanzmitteleinsatz ein deutliches Mehr an Umwelt- und Klimaschutzleistungen erzielen. – Quelle: https://www.bpb.de/themen/umwelt/landwirtschaft/327284/die-entwicklung-der-gemeinsamen-agrarpolitik-der-eu

Die GAP-Reform von 2013 ist somit auf halbem, nein viertel Wege stehen geblieben. Manche meinen allerdings, Öko-Landwirtschaft habe wegen des Flächenbedarfs ohnehin keine bessere Umweltbilanz. Sie meinen, man dürfe die Umweltbilanz nicht auf die Fläche, sondern müsse sie auf das produzierte Nahrungsmittel beziehen – das sei der einzig richtige Bezug. Das Problem der Öko-Landwirtschaft seien die geringen Erträge, die zu einem mehr als doppelt so hohen Flächenbedarf führten. Diese Fläche gehe dann der Biodiversität, dem Artenschutz, verloren. Die Erzeugungslücke würden wir durch Importe ausgleichen, die auf der Basis geringerer Standards erzeugt werden (zum Beispiel aus Mato Grosso oder Huelva). Das würde unterm Strich sogar zu einer schlechteren Umweltbilanz führen als konventionelle Landwirtschaft.

Insofern trifft es zu, daß die sogenannte Ökologisierung ("Greening") der Direktzahlungen im Rahmen der GAP gewisse ökologische Mindest-Standards innerhalb der EU garantiert, die höher sind als ökologische Standards der Dritten Welt. Aber das ist nicht das einzige Kriterium, meine ich.

Das ist eine quantitative Sicht unter dem Gesichtspunkt der maximalen Produktion, läßt qualitative Aspekte wie Bienensterben, Pestizidverseuchung und Tierquälerei außer Acht. Öko-Viehzucht hat eine bessere Klimabilanz nicht pro Kuh, nur bezogen auf die Flächeneinheit des bewirtschafteten Bodens. Aber Öko-Ackerbau hat eine deutlich bessere Umweltbilanz im Hinblick auf Artenschutz (Bienensterben etc.), Boden- und Grundwasserschutz durch nachhaltigere Düngung und anderes mehr.

Die quantitative Argumentation, daß die konventionelle landwirtschaftliche Intensiv-Produktion von Lebensmitteln durch Ackerbau und Viehzucht bei uns im Lande wegen höherer Standards als in der Dritten Welt immer noch besser sei als mehr ökologische Landwirtschaft bei uns im Lande, weil letztere unseren Bedarf an Lebensmitteln bei weitem nicht decken könne, läßt erstens außer Acht, daß wir durch Agrarimporte innerhalb der EU unseren Bedarf durchaus decken könnten.

Mit dem Club of Rome und Eduard Pestel sehe ich zweitens „Grenzen des Wachstums“ nicht nur der industriellen Produktion, sondern auch der Landwirtschaft und damit des globalen Bevölkerungs-Wachstums. Darin lasse ich mich auch nicht dadurch beirren, daß gewisse neoliberale Propagandisten immer wieder versuchen, die wissenschaftlichen Ansätze des Club of Rome grundsätzlich in Zweifel zu ziehen.

Das Gegenteil ist richtig. Eine weltweite Wachstumskrise könnte sogar schneller kommen als 1972 hochgerechnet: (ZITAT 2020/2022) Weltweite Wachstumskrise könnte schneller kommen als berechnet - In seinen Grundannahmen wurde „Die Grenzen des Wachstums“ im Lauf der Jahre immer wieder wissenschaftlich bestätigt. Auch die jüngste Evaluierung des Club-of-Rome-Berichts macht deutlich: Dessen Szenarien sind noch ernst zu nehmen. Eine weltweite Wachstumskrise könnte sogar schneller kommen als hochgerechnet. Gaya Herrington, Systemanalystin bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, untersuchte 2020, ob quantitative Daten die Szenarien des ursprünglichen Berichts von 1972 stützten. Im Journal of Industrial Ecology schreibt sie: „Die beiden Szenarien, die am ehesten mit den beobachteten Daten übereinstimmen, deuten auf einen Stillstand in der Wohlfahrt, der Ernährung und der Industrieproduktion in den nächsten zehn Jahren hin, was die Eignung eines kontinuierlichen Wirtschaftswachstums als Ziel der Menschheit im 21. Jahrhundert in Frage stellt.“ (ZITAT ENDE) – Quelle: https://www.swr.de/swr2/wissen/50-jahre-die-grenzen-des-wachstums-wie-richtig-lag-der-club-of-rome-swr2-wissen-2022-02-15-100.html

Genau das ist mein Ansatz. Kontinuierliches und immer weiteres Wirtschaftswachstum kann schon lange kein Ziel der Menschheit mehr sein, stößt in diesem Jahrzehnt endgültig an seine Grenzen. Auch immer weitere Bevölkerungs-Explosion führt jetzt schon zu immer mehr Migrations-Problemen weltweit und wird in wenigen Jahren überall an Grenzen stoßen. Flächendeckende Hungersnöte und Wassermangel werden zu kriegerischen Auseinandersetzungen um Essen und Wasser führen.

Zurück zur Landwirtschaft: Ökologische Landwirtschaft ist weniger intensiv als die konventionelle, industrialisierte Intensiv-Landwirtschaft. Das meint im Ackerbau weniger Düngung pro Pflanze und Fläche, insbesondere weniger chemische Düngung, mehr organische Düngung. Allerdings nutzt auch konventionelle Landwirtschaft organische Intensiv-Düngung. In meiner niedersächsischen Heimat sind die Landkreise Cloppenburg und Vechta seit 40 Jahren berüchtigt für ihren viel zu hohen Gülle-Einsatz bei der Düngung. Dazu unten mehr. In der Viehzucht ist ökologische Landwirtschaft ebenfalls weniger intensiv als die konventionelle, industrialisierte Intensiv-Landwirtschaft. Während letztere durch (legale und illegal noch gesteigerte) Massentierhaltung in Hühner-Fabriken mit mehreren Etagen von Käfigen ohne Auslauf sowie Schweinehaltung mit viel zu kleinen Sauenkäfigen, die die CDU-Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner immer länger legalisiert hat, leider zu Recht oft in den Schlagzeilen ist, haben Tiere in der ökologischen Landwirtschaft grundsätzlich viel mehr Auslauf, sind Hühner freilaufend und kommen auch Schweine und Rinder auf die Weide. Natürlich steigt dadurch der Flächenbedarf um ein Mehrfaches. Aber das war ganz früher auch so, als ich in den sechziger Jahren mehrfach meine Schulferien wochenlang auf dem Bauernhof verbringen durfte. Für mich ist nicht der Maßstab, was die konventionelle, industrialisierte Intensiv-Landwirtschaft an Konzentration und Produktionssteigerung ermöglicht hat.

Dazu ein legendärer Fernsehbeitrag von Radio Bremen aus dem Jahr 1984: https://youtu.be/Hf0VIyvzNKY?si=7uZ_tL3Tau61M0kZ . Und eine dpa-Meldung aus 2015: https://www.kreiszeitung.de/lokales/niedersachsen/vechta-cloppenburg-grimmepreis-reportage-und-ewig-stinken-felder-oldenburger-region-4676582.html . Und ein Bericht über Mißstände 2012: (ZITAT) Durch die Massentierhaltung fällt in Niedersachsen nach Einschätzung der Grünen mehr Gülle an als bislang angenommen. Allein in den Landkreisen Cloppenburg und Vechta fielen etwa 3,3 Millionen Tonnen Gülle mehr an als bekannt. Die Agrarstatistik des Landwirtschaftsministeriums weise mehr als 14 Millionen Hühner und 800.000 Schweine weniger aus als die Listen der Tierseuchenkasse, sagte Grünen-Fraktionsvize Christian Meyer am Freitag in Hannover. Die Grünen gingen davon aus, dass viele Felder häufig „doppelt und dreifach“ gedüngt würden, sagte Meyer. (ZITAT ENDE) – Quelle: Nord-West-Zeitung (NWZ) online am 16.03.2012 um 01:02 Uhr https://www.nwzonline.de/wirtschaft/cloppenburg-vechta-gruene-guellemassen-belasten-cloppenburg-und-vechta_a_1,0,520243979.html

Diese Mißstände beklagen nicht nur die Grünen. Biomethan-Gewinnung wird als Abhilfe diskutiert, stößt aber auch auf Widerstand wegen umweltpolitischer Risiken der dazu erforderlichen Großanlagen. Dabei reißt der Landkreis Cloppenburg weiterhin die Obergrenzen zulässiger Gülle-Belastung der Ackerböden. Siehe dazu exemplarisch drei Artikel aus der Region aus 2020 und 2021: https://www.landundforst.de/cloppenburg-aufbereitungsanlage-fuer-guelle-erhitzt-gemueter-562285 , https://www.om-online.de/om/es-geht-voran-mit-dem-abbau-von-gulle-und-mist-35948 und https://www.om-online.de/wirtschaft/es-gibt-weniger-uberschusse-an-gulle-und-co-im-land-kreis-vechta-schafft-wende-65379 (letzterer offenbar hinter der Bezahlschranke)

Diese Exzesse der industriell-intensiven Massentierhaltung sind nur Symptome, sind nur die Spitze des Eisbergs. In Cloppenburg und Vechta zeigen sich diese Probleme nur besonders deutlich, wohl deutlicher als im Allgäu und sonst in Bayern. Im Vergleich dazu sehe ich die Nitratbelastung im Ökolandbau aufgrund organischer Düngung oder Düngung durch Leguminosenanbau als weniger problematisch an. Natürlich bleibt es auch in der Bio-Landwirtschaft beim Methanausstoß von Kühen. Allerdings kann Ökolandbau erst recht nicht eine immer weiter wachsende Weltbevölkerung ernähren. Mit anderen Worten: Die Massentierhaltung als solche ist das Problem, muß reduziert werden, auch wegen des Methanausstoßes von Tieren.

Damit komme ich zu kritischen, ja revolutionären Anmerkungen zu unserem Fleischkonsum und zur sinnlosen Verschwendung und Vernichtung von Lebensmitteln:

- Rund ein Drittel der Nahrung wird weltweit weggeworfen. (…) Fast 11 Millionen Tonnen Lebensmittel werden in Deutschland jährlich als Abfall entsorgt, davon entfallen etwa 6,5 Millionen Tonnen auf die Privathaushalte. – Quelle: https://www.umweltbundesamt.de/umwelttipps-fuer-den-alltag/essen-trinken/lebensmittelverschwendung-vermeiden#was-sie-gegen-lebensmittelverschwendung-tun-konnen

• Deutschland hat sich dem Ziel der Vereinten Nationen verpflichtet, die Lebensmittelverschwendung bis zum Jahr 2030 zu halbieren.

• Um einen großen Teil der Lebensmittelabfälle zu reduzieren, müssen alle Akteure der Lebensmittelversorgungskette miteingebunden werden.

• Mit Zu gut für die Tonne! setzt sich das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) dafür ein, Verbraucher sowie Verantwortliche entlang der gesamten Lebensmittelversorgungskette für einen nachhaltigen Umgang mit Lebensmitteln zu sensibilisieren und deren Verschwendung zu reduzieren.

Quelle: https://www.bzfe.de/nachhaltiger-konsum/lagern-kochen-essen-teilen/lebensmittelverschwendung

- Die im Februar 2019 vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft vorgelegte Nationale Strategie zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung hat das Ziel, Lebensmittelabfälle entlang der gesamten Lebensmittelversorgungskette zu reduzieren. Dafür wird die Strategie kontinuierlich weiterentwickelt. Ziel des BMEL ist es, bis 2030 die Lebensmittelabfälle in Deutschland zu halbieren und Lebensmittelverluste zu verringern. – Quelle: https://www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/lebensmittelverschwendung/strategie-lebensmittelverschwendung.html

Meiner Meinung nach können wir die Massentierhaltung nur wirksam zurückfahren, wenn wir weniger Fleisch verzehren und wegwerfen, weniger Tiere zum Verzehr züchten und die Viehzucht wieder weit mehr dem Tierwohl widmen. Die Folge ist sogar erwünscht: Fleisch wird teurer. Wenn wir nur noch Fleisch der Haltungsstufe 4 und Bio-Fleisch erlauben, reduziert sich der Konsum und der Verzehr von Fleisch automatisch, wird weniger Fleisch verschwendet und weggeworfen.

Daher fordere ich grundsätzlich, konventionelle und ökologische Landwirtschaft nicht gleichermaßen zu fördern. Diese Forderung ist nur auf EU-Ebene durchzusetzen.

Wie steht die CDU dazu? Beim CDU-Grundsatzkonvent am 17. Juni 2023 in Berlin (also noch vor Verabschiedung des neuen Grundsatzprogramms) war die Fachkommission Versorgungssicherheit rein technisch in die Wirtschaftsbereiche Landwirtschaft und Energiewirtschaft geteilt. Versorgungssicherheit der Endverbraucher, Staatsbürger und Wähler als Menschen und als Bevölkerung war kein übergeordnetes Thema, wurde rein quantitativ unter dem Ziel betrachtet, genug landwirtschaftliche Produkte und genug Energie sicherzustellen.

Um Mißverständnissen vorzubeugen: Natürlich muß die Wirtschaft die Versorgung der Endverbraucher, Staatsbürger und Wähler als Menschen und als Bevölkerung sichern und sicherstellen. Allerdings verstehe ich soziale und ökologische Marktwirtschaft so, daß der Staat soziale und ökologische Leitplanken für die Wirtschaft setzt und durchsetzt, Dumping-Landwirtschaft auf Kosten des Tierwohls und fossile Energiewirtschaft auf Kosten des Klimas und der Umwelt verbietet.

Gewinnmaximierung und Profitstreben sind Motor der Marktwirtschaft, müssen es bleiben. Aber Auswüchse und Mißbräuche wie brutale Tierhaltung ohne Auslauf auf engstem Raum müssen staatlich begrenzt und kontrolliert werden. Bloßer Dumping- und Raubtier-Kapitalismus um jeden Preis und ohne jede Gegensteuerung à la FDP ist zwar auch neoliberalen Parteifreunden in der CDU lieb, aber inakzeptabel.

Die Union hat das Subsidiaritätsprinzip immer hochgehalten. Es besagt, daß staatliche Institutionen erst regulativ eingreifen sollen, wenn Selbstregulierung und Selbstverpflichtung der Wirtschaft versagen. Das Subsidiaritätsprinzip ist ein zentrales Element des ordnungspolitischen Konzepts der sozialen Marktwirtschaft.

Aber in der modernen Industriegesellschaft kann Selbstregulierung und Selbstverpflichtung der Wirtschaft nicht funktionieren, wäre systemwidrig. Wer anfängt, verliert, hat Wettbewerbsnachteile. Nur wenn alle Marktteilnehmer gleichermaßen herangezogen werden, die Gemeinkosten ihrer Produktion oder ihrer Dienstleistungen selbst zu tragen, kommen wir weiter. Die CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer und Alexander Dobrindt und die von der CDU gestellte Bundesministerin für Landwirtschaft Julia Klöckner haben eindrucksvoll vorgeführt, wohin man mit blanker Klientelpolitik ohne staatliche Kontrolle kommt.

Versorgungssicherheit in den Wirtschaftsbereichen Landwirtschaft und Energiewirtschaft muß wesentlich auch unter Klima- und Umweltschutz-Gesichtspunkten diskutiert werden. Die Union tritt für einen Klimaschutz ein, der marktgerecht gestaltet wird. Saubere Luft, sauberes Wasser und saubere Umwelt bekommen einen Preis. Der Ausstoß von CO2, Methan und anderen klimaschädlichen Treibhausgasen soll bis 2030 um 65 Prozent reduziert werden und bis 2045 vollständig neutralisiert werden. Das ist sogar Gesetz.

Eigentlich dachte ich, wir hätten längst gelernt: Wir müssen den CO2-Ausstoß, den Klimaschutz, den Methanausstoß, die Nitratvergiftung des Grundwassers, den natürlichen Ressourcenverbrauch, den Umweltschutz, den Wasserverbrauch und viele andere Gemeinkosten mehr mitrechnen bei unserer betriebswirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Gewinn- und Verlustrechnung. Das gilt für alle Wirtschaftsbereiche, für energieintensive Stahlindustrie, Maschinenbau und Zementindustrie ebenso wie für Landwirtschaft und Energiewirtschaft. Industrielle konventionelle Landwirtschaft und Massentierhaltung mit Methanausstoß im Millionen-Tonnen-Bereich sind danach nicht mehr förderfähig. Die Grenzen des Wachstums gelten auch für die Landwirtschaft. Diese Erkenntnis entspricht dem CDU-Grundsatzprogramm und sollte die neue Bundesregierung in Verhandlungen der „Gemeinsamen Agrarpolitik“ (GAP) bei der EU so offensiv wie Grenzkontrollen und Zurückweisungen von Migranten als vollendete Tatsachen einbringen.

Dafür besteht offenbar Gelegenheit: (ZITAT) Die Ministerinnen und Minister für Landwirtschaft und Fischerei diskutierten bei ihrem Treffen (Ende März 2025) in Brüssel die neue „Vision“ für Landwirtschaft und Ernährung der EU-Kommission. Sie umfasst eine wettbewerbsfähigere europäische Agrarindustrie mit einfacheren und zielgerichteteren Subventionen. Österreichs Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) begrüßte die Pläne: Es sei wichtig, in die Zukunft zu blicken und den Bäuerinnen und Bauern eine Perspektive zu geben. Die Vision komme zur rechten Zeit: Neben der geplanten Reform der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nehme sie die „Anliegen der bäuerlichen Familienbetriebe“ auf, so Totschnig vor dem Rat zu Journalistinnen und Journalisten. Diese seien „erstens die Positionierung der Landwirtschaft als einen starken Agrarsektor, in dem man auch Einkommen erzielt“. Zweitens brauche es faire Wettbewerbsbedingungen am EU-Binnenmarkt, um auch globalen Herausforderungen zu widerstehen. Drittes Anliegen sei eine zukunftsfitte Landwirtschaft, die zu den Klimazielen beitrage und viertens faire Arbeits- und Lebensbedingungen in den ländlichen Gebieten. Gemeinsame Agrarpolitik müsse im künftigen mehrjährigen EU-Budget wieder denselben Stellenwert als derzeit haben, forderte Totschnig. Es werde „sehr entscheidend sein, wie man sich in den Verhandlungen positioniert“, so der Minister anlässlich der großen Herausforderungen, vor denen Europa und damit auch das nächste EU-Budget steht. Neben den Direktzahlungen müsse auch eine starke ländliche Entwicklung wieder verankert sein, betonte er: Hier habe Österreich einen relativ größeren Anteil erhalten, etwa bei der Unterstützung der Biolandwirte oder Bergbauern.

Das im Februar präsentierte Strategiepapier zur gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) soll den Klimaschutz mit den Herausforderungen des Sektors zusammenbringen: So will die Kommission in Zukunft etwa weitere Verbote von Pestiziden „sorgfältig prüfen“, und Standards für importierte Produkte anpassen. „Anreize statt Bedingungen“ sollen künftig die Verteilung der milliardenschweren EU-Agrarsubventionen anleiten. Der Fokus soll auf Landwirten liegen, die Lebensmittel erzeugen. Die Agrargelder machen einen großen Teil des EU-Budgets aus: Für die laufende Förderperiode bis 2027 sind rund 365 Mrd. Euro eingeplant. Der nächste mehrjährige EU-Haushalt läuft ab 2028 für sieben Jahre. (ZITAT ENDE) -

Quelle: https://europeannewsroom.com/de/eu-agrarminister-diskutierten-wettbewerbsfaehigere-landwirtschaft

Die Verhandlungen zur gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) 2021 hatten zur aktuell geltenden GAP 2023-2027 geführt. Aber es klingt nach einer neuen Vision der EU-Kommission. Und zahlreiche Verbände fordern die Neuausrichtung der GAP:

(ZITAT) Die nächste Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) steht an. Zahlreiche Organisationen drängen auf eine bessere Verwendung der Agrar-Gelder für Umwelt, Natur und Tierwohl. Die Zeit pauschaler Flächenprämien sei vorbei.

Während die Verhandlungen um die zukünftige Ausrichtung der europäischen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) intensiv laufen, hat die EU-Kommission für den 8. Mai nach Brüssel zur Konferenz über die Vision für Landwirtschaft und Ernährung geladen. Unter dem Titel „Die Zukunft der Landwirtschaft und des Agrar- und Ernährungssektors gestalten“ soll dort über die Vision diskutiert werden, die am 19. Februar von Agrarkommissar Hansen veröffentlicht (EU-News vom 21.02.2025) wurde und auf dem Bericht des Strategischen Dialogs zur Zukunft der EU-Landwirtschaft aufbaut (EU-News vom 05.09.2024). Auch die künftige Ausrichtung der GAP nach 2027 steht im Fokus der Gespräche.

Vor der Konferenz veröffentlichten am 7. Mai zahlreiche Organisationen aus Landwirtschaft, Umwelt-, Tier- und Naturschutz sowie Entwicklungspolitik und Verbraucherschutz, eine gemeinsame Stellungnahme mit dem Titel: Gemeinsam Qualitätsproduktion wettbewerbsfähig machen – Ernährung krisenfest sichern! Darin positionieren sie sich zu den Vorschlägen zum Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) der EU und der Agrar-Vision der Kommission. Zu dem breiten Bündnis der mitzeichnenden 38 Verbände zählen etwa die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Bioland und die katholische Landvolkbewegung sowie BUND, NABU, Greenpeace, der Deutsche Tierschutzbund und der DNR. Bereits im November 2023 hatten die Organisationen, die in der Verbände-Plattform zur GAP organisiert sind, eigene umfassende Vorschläge zur Weiterentwicklung der GAP nach 2027 vorgelegt.

In dem nun veröffentlichten Papier begrüßen die Verbände den Ansatz, die Agrarpolitik stärker „leistungsorientiert“ auszurichten und betonen, dass die GAP viel stärker zur Lösung der ökologischen, sozialen und tierschutzbezogenen Herausforderungen der EU genutzt werden müsse. Eine Neuausrichtung der Verteilung der Agrar-Mittel sei notwendiger denn je. Europa solle dabei als gemeinsamer Akteur in der Agrarpolitik gestärkt werden und die EU-Kommission müsse den Mitgliedstaaten auch in Zukunft klare Vorgaben für die Verwendung der öffentlichen Gelder „im Sinne des Umwelt-, Klima- und Tierschutzes sowie der sozialen Gerechtigkeit und wirtschaftlichen Stabilität machen“. Einer Verlagerung von mehr Befugnissen bei der Verteilung der Gelder auf die EU-Mitgliedstaaten stehen die Verbände eher kritisch gegenüber. In der von der Kommission vorgeschlagenen Flexibilisierung und „Re-Nationalisierung“ liege auch eine große Gefahr für „drohende Fehlentwicklungen“ und einen „Flickenteppich an Regelungen“.

Bei der Neuausrichtung der GAP sei ein ansteigendes Ambitionsniveau dringend nötig. Konkret bedeute dies ein höheres Budget für Umweltmaßnahmen: für sogenannte Öko-Regelungen und Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUKM). Außerdem müsse ein eigenständiges und hohes Budget für die ländliche Entwicklung sichergestellt werden. Diese wird, ebenso wie die AUKM, in der aktuellen Struktur aus der sogenannten „zweiten Säule“, dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER), finanziert. Doch noch ist offen, ob die Kommission die etablierte Struktur nach erster und zweiter Säule erhalten wird.

Die Verbände fordern zudem, dass ein eigenständiges GAP-Budget im aktuellen Umfang beibehalten werden müsse. Die Mittel sollten jedoch „zwingend gezielter und wirksamer“ für Natur und Umwelt sowie soziale Herausforderungen des Sektors eingesetzt werden. Die Prämienhöhen für Öko-Regelungen und AUKM sollten dafür „einkommenswirksam“ ausgestaltet werden und „agrarstrukturelle, sozioökonomische und standortspezifische Gesichtspunkte“ berücksichtigen. Die EU-Kommission müsse zudem zentrale Grundanforderungen (der sogenannten Konditionalität) für den Erhalt von Fördermitteln beibehalten. Dies betreffe mindestens die Einhaltung einer „Mindestfruchtfolge, den Erhalt von Dauergrünland, die Bereitstellung nicht-produktiver Flächen, den Schutz von Mooren und Feuchtgebieten sowie die Vorgaben der aktuellen sozialen Konditionalität.“ Doch bereits für Mitte Mai hat die Kommission weitere „Vereinfachungen“ bei der Konditionalität angekündigt.

Auch das in den aktuellen Agrar-Diskussionen häufig genutzte Schlagwort „Bürokratieabbau“ wird in der Stellungnahme adressiert. Dieser müsse grundsätzlich ohne den Abbau von ökologischen, sozialen und Tierschutzstandards erfolgen. Die Antragsstellung für die Agrarmittel solle jedoch vereinfacht, Förderangebote besser aufeinander abgestimmt werden. Die Umsetzung besonders vieler Förderangebote müsse sich auch wirtschaftlich rechnen, anstatt den „bürokratischen Aufwand überproportional zu erhöhen“. Darüber hinaus müsse ein „Marktkrisen-Frühwarnsystem“ etabliert und für bestimmte Lebensmittel (wie Milch) „verbindliche schriftliche Lieferverträge“ vorgeschrieben werden. Der anstehende Generationenwechsel in der Landwirtschaft solle mit Maßnahmen wie einer „konzeptbasierten Existenzgründungsprämie“ begleitet sowie „zinsfreie Bürgschaftsprogramme“ angeboten werden.

Die Investitionsförderung der Tierhaltung solle auf eine „besonders artgerechte und umweltverträgliche Tierhaltung“ ausgerichtet und in der künftigen Förderung auch die Bezugsgröße „Großvieheinheit“ berücksichtigt werden. Für Lebensmittel und deren Erzeugung wird zudem eine verbindliche Kennzeichnung gefordert: Für Produkte tierischen Ursprungs müsse ein europäisches Tierschutzlabel eingeführt werden. Die Verbände fordern zudem, dass die Kommission in Handelspolitik und Handelsabkommen absichern müsse, dass die ökologischen und sozialen Standards der EU eingehalten werden und sich die Einkommenssituation für Betriebe in Europe und den Handelspartnerländern verbessere. Für Importe tierischer Produkte müsse zudem sichergestellt werden, dass sie „unter Bedingungen produziert wurden, die den europäischen Tierschutzstandards gleichwertig sind“. [bp] (ZITAT ENDE) – Quelle (mit zahlreichen Nachweisen als Hpyertext): https://www.dnr.de/aktuelles-termine/aktuelles/gap-und-mfr-zahlreiche-verbaende-fordern-neuausrichtung

Die Forderung der 38 Verbände, daß die GAP-Mittel „zwingend gezielter und wirksamer“ für Natur und Umwelt sowie soziale Herausforderungen des Sektors eingesetzt werden sollten, unterstütze ich im Sinne der Bewahrung der Schöpfung und der Grenzen des Wachstums nachdrücklich, wie eingangs oben ausgeführt. Einer weiteren Konzentration der Agrarindustrie ist unbedingt entgegenzuwirken.

Zum Verfasser: Otfrid Weiss ist Assessor jur., Ministerialrat a.D. und Oberst der Reserve. Im Dezember 1990 kam er aus Niedersachsen zum Verwaltungsaufbau nach Sachsen. Nach seiner Verwaltungslaufbahn war er 21 Jahre in der Wirtschaft tätig, davon 14 Jahre bei SAP, Microsoft, Vision Consulting und Deloitte.