Im Zuge der Ermittlungen gegen Bremens Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) erhöht die Opposition den Druck. Die Fraktion Bündnis Deutschland (BD) werde an diesem Mittwoch einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss beantragen, kündigte BD-Vorsitzender Jan Timke an. Der Ausschuss soll sich mit den Umständen aller in Ruhestand versetzten Staatsräte befassen.
Dafür braucht Bündnis Deutschland allerdings die Unterstützung anderer Fraktionen, mindestens ein Viertel der Abgeordneten müssten sich dem Antrag anschließen. Die CDU-Fraktion prüft nach eigenen Angaben ebenfalls einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, möchte aber erst die Erläuterungen der Wirtschaftssenatorin abwarten. Am 7. November muss Kristina Vogt im Haushalts- und Finanzausschusses die Hintergründe der Entlassung ihres ehemaligen Staatsrats im Jahr 2023 erklären.
Um was es bei den Ermittlungen geht
Der Verdacht: Der Staatsrat könnte mit einer vorgeschobenen Begründung in den Ruhestand geschickt worden sein, damit er ein hohes Ruhegehalt erhält. Anspruch auf das Geld haben Staatsräte nur, wenn die Behörde ihnen nach mindestens zwei Jahren im Amt kündigt. Wer früher oder auf eigenen Wunsch aus dem Dienst ausscheidet, bekommt kein Ruhegehalt.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun, ob Kristina Vogt bei der Entlassung ihres ehemaligen Staatsrats gegen das Beamtenrecht verstoßen haben könnte. Die Behörde sicherte zahlreiche Unterlagen und digitale Datenträger, die jetzt ausgewertet werden. «Wir stehen noch recht am Anfang», sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Bis erste Ergebnisse vorliegen, werde es voraussichtlich mehrere Wochen dauern. «Das braucht einfach eine gewisse Zeit.»
Steht der nächste Rücktritt bevor?
Der Fall erinnert an die Affäre im Umweltressort. Die ehemalige Umweltsenatorin Kathrin Moosdorf (Grüne) trat vor zwei Wochen zurück, nachdem es Kritik an der Entlassung ihrer Staatsrätin gab. Die Staatsanwaltschaft ermittelt ebenfalls wegen des Verdachts der Untreue. In beiden Fällen gilt die Unschuldsvermutung.
Die Opposition geht von einem systematischen Fehlverhalten aus und fordert lückenlose Aufklärung. «Wir müssen befürchten, dass es im Senat Bovenschulte ein System des goldenen Handschlags gibt und gab», heißt es etwa von der CDU-Fraktion.
Kristina Vogt müsse nun wie ihre ehemalige Kollegin Konsequenzen ziehen und zurücktreten, heißt es weiter. «Jetzt ist Kristina Vogt eine Belastung für ihre eigene Partei, eine Belastung für den gesamten Senat und eine Belastung für die Wirtschaft in Bremen», sagte Jens Eckhoff, finanzpolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion. «Wir können uns alles drei nicht leisten.»
Bremer Regierung im Umbruch
Bremens Landesregierung befindet sich ohnehin im Umbruch. Im August hatte Bildungssenatorin Sascha Karolin Aulepp (SPD) ihren Rückzug angekündigt. Nachfolger ist der Bildungsexperte Mark Rackles (SPD). Zudem will Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) zum Jahresende aufhören. Auf ihn soll die SPD-Politikerin und frühere Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl, folgen.
Mit den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nimmt der Druck auf Bremens Senat um Regierungschef Andreas Bovenschulte weiter zu. Der SPD-Politiker selbst verweist auf die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und äußert sich bisher nicht zu der Debatte. Die Opposition wirft ihm vor, dass er sich aus der Affäre ziehe. «Das ist ein einmaliger Vorgang, und der Regierungschef schweigt sich aus», kritisiert Eckhoff.
Forderungen nach Neuwahlen
Sollte Kristina Vogt als nächstes Senatsmitglied zurücktreten, sei die Regierung kaum noch haltbar. «Der Senat Bovenschulte zerfällt immer mehr. Eine so hohe Fluktuation hat es noch nie gegeben», heißt es von der CDU-Fraktion. «Mit einer weiteren Amtsniederlegung müsste sich Bürgermeister Andreas Bovenschulte die Frage stellen, ob die Regierung noch ausreichend legitimiert und regierungsfähig ist, um die verbleibenden 17 Monate bis zur nächsten Bürgerschaftswahl zu überstehen.»
Ähnliche Töne kommen von den Fraktionen von Bündnis Deutschland und von der FDP. «Der Senat fällt seit Wochen nicht durch Problemlösungen auf, sondern durch Personalwechsel und interne Streitereien», sagte FDP-Fraktionschef Thore Schäck. «Wenn Rot-Grün-Rot weiter nur mit sich selbst beschäftigt bleibt, verliert dieser Senat seine politische Legitimation.»
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