Vom Lama-Supermarkt über den Mini-Friseur zur Lego-Spielecke – im neuen Kindercafé in der Lüneburger Altstadt dürfen die Kleinen toben, lachen und einfach laut sein. In einem abgetrennten Bereich stehen auch kleine, weiße Boliden für ein Miniatur-Formel-1-Rennen. «Hier soll ein Kind einfach Kind sein», sagt Inhaberin Ella Meyer, die das Mini Moments Café im September eröffnet hat.
In ländlichen Regionen Deutschlands gibt es nur wenige gastronomische Einrichtungen, die sich speziell an Kinder richten. In größeren Städten hingegen nimmt die Zahl solcher Angebote kontinuierlich zu. «Wir beobachten, dass es zahlreiche explizite Kindercafés gibt – insbesondere in Großstädten – in denen Kinder sich frei bewegen und spielen können, während auch die Eltern umsorgt werden, sich austauschen und genießen können», heißt es vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga). So hat sich in Laatzen bei Hannover das Mikami mit einem ähnlichen Konzept etabliert.
Statt einer kleinen Spielecke – wie in vielen Cafés – wollte Meyer den Fokus auf die Jüngsten legen. Dabei gibt es feste Regeln für das kunterbunte Treiben in dem ehemaligen Buchladen im Parterre des denkmalgeschützten Ensembles: Schuhe sind auszuziehen, Spielzeug bleibt im Kinderbereich und dort darf auch nicht gegessen werden. Wobei: «Die meisten Kids wollen gar nichts essen, sondern nur spielen», berichtet die 36 Jahre alte Wahl-Lüneburgerin.
Das sieht die fünfjährige Bella allerdings etwas anders: «Ich mag die Rutsche und den Kuchen.» Mehrmals war sie mit ihrem zweieinhalbjährigen Bruder Ben, den Omis und der Mutter im neuen Café. «Wir gehen da auch gern vormittags hin, da ist es nicht so überfüllt», berichtet Mutter Jasmin Nikulka. «Ich kann dann in Ruhe Kaffee trinken und habe ein paar Minuten für mich selbst.»
Modell Kindercafé aus Berlin bekannt
Ella Meyer absolvierte zuletzt in Berlin eine Ausbildung zur Tourismuskauffrau, nach dem Umzug mit der Familie in die Lüneburger Heide fand die Mutter zweier Kinder keinen passenden Teilzeitjob. «Ich wollte schon immer etwas mit Kindern machen und kannte das Modell Kindercafé aus Berlin, wo es mehrere gibt.» Für das helle Ambiente mit angefertigten kuscheligen Sofa-Ecken ist sie ins Risiko gegangen, denn das Projekt in einer kleinen Gasse muss sich erst herumsprechen.
Dehoga: Fokussierung auf Zielgruppen führt zum Erfolg
Wie viele Lokale in Deutschland sich an Familien und speziell Kinder richten, ist unbekannt. Eine Statistik dazu gibt es nicht, wie der Dehoga mitteilt. Aber: Die Fokussierung auf Zielgruppen sei für die Positionierung am Markt wichtiger geworden. Auch Lokale nur für Frauen und Inklusions-Cafés, in denen Menschen mit Handicap arbeiten, würden zahlreicher. «Maßgeschneiderte Konzepte, die sich konsequent an den Wünschen und Bedürfnissen der jeweiligen Zielgruppe orientieren, haben Erfolg», schreibt der Bundesverband.
Kinderräume ziehen Familien aus der Umgebung an
Die jungen Gäste in Lüneburg sind in der Regel zwischen null und fünf Jahre alt, die Eltern behalten die Aufsichtspflicht. Besonders Einzelkinder hätten manchmal Berührungsängste, die sich aber schnell legten, berichtet Meyer. Manche würden einfach nur malen oder Legosteine an eine Wand pinnen wollen.
«Das größte Kompliment ist für mich, wenn Kinder weinen, weil sie nach Hause müssen», erzählt Meyer. Das Café ist mittwochs bis samstags geöffnet, für Gruppen empfiehlt es sich, online zu reservieren. Und ein besonderer Service besonders an Regentagen: Kinderwagen können im geheizten Lager abgestellt werden.
Trotz Ruhetags steht die Tür offen, Sebastian Grobe schneit herein und ist überrascht von den Spielmöglichkeiten: «Die Lego-Ecke ist cool, da würde mein Sohn abdrehen.» Lüneburg sei sehr kinderfreundlich, aber so einen Ort gebe es bisher nicht, berichtet der Vater zweier Kinder. «Hier dürfen sie laut sein, das ist eine Nische, die ich noch nicht gesehen habe.»
Auch die Stadt freut sich über das neue Angebot: «Wir sehen das als eine ganz tolle Bereicherung für Familien in Lüneburg», sagt Melanie-Gitte Lansmann, Geschäftsführerin von Lüneburg Marketing. Mit der Indoor-Spielerei ganz in der Nähe, wo gegen eine Spende herumgetollt werden darf, und dem Kindercafé habe man auch überregional eine großartige Resonanz erfahren: «Familien kommen extra deshalb gezielt nach Lüneburg».
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