Die Stimmung der niedersächsischen Wirtschaft zur Energiewende hat sich laut einer Umfrage der Industrie- und Handelskammern (IHKN) verbessert, bleibt aber klar negativ. Der Barometerwert, der die Einstellung der Unternehmen zur Energiewende widerspiegelt, verbesserte sich von minus 9,8 Punkten im vergangenen Jahr auf minus 4,4 Punkte, wie die Kammern mitteilten.
An der Befragung nahmen im Sommer rund 320 Unternehmen aus Niedersachsen teil. 32,9 Prozent beurteilten die Auswirkungen der Energiewende auf ihre Wettbewerbsfähigkeit als sehr negativ oder negativ, 24,5 Prozent als sehr positiv oder positiv.
Industrie besonders unter Druck
Besonders kritisch fiel die Lage in der Industrie aus: 48,8 Prozent der Industrieunternehmen rechneten mit negativen Auswirkungen der Energiewende auf ihre Wettbewerbsfähigkeit, nur 16,7 Prozent gingen von einem positiven Effekt aus.
IHKN-Energiesprecher Hartmut Neumann erklärte, 42,4 Prozent der befragten Unternehmen gäben an, dass die Energiekosten zu einem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit ihres Unternehmens am Standort Deutschland führen – so viele seien es seit Erstellung des Energiewende-Barometers noch nie gewesen.
Darauf reagierten Unternehmen mit konkreten Anpassungen. Knapp 13 Prozent aller Betriebe gaben an, Kapazitäten ins Ausland zu verlagern oder die Produktion im Inland einzuschränken; diese Maßnahmen seien geplant, laufend oder bereits umgesetzt. In der Industrie sei die Diskussion über Abwanderung ausgeprägter: Dort sei das Thema bei fast jedem dritten Unternehmen (31 Prozent) präsent.
Klimaziele bleiben, Tempo umstritten
Die Umfrage zeige auch, dass viele Unternehmen ihre Klimaziele trotz schwieriger Rahmenbedingungen weiterverfolgten. 91,7 Prozent der Betriebe seien bereits klimaneutral oder strebten dies in den kommenden Jahren an. 2,8 Prozent arbeiteten nach eigenen Angaben bereits klimaneutral, weitere 21,7 Prozent wollten dies bis 2030 erreichen.
Bis 2040 planten zusätzliche 19,5 Prozent der Unternehmen eine vollständige Vermeidung ihrer CO2-Emissionen – im Einklang mit dem Klimaneutralitätsziel des Landes Niedersachsen. 47,7 Prozent orientierten sich am Bundesziel für 2045. IHKN-Hauptgeschäftsführerin Monika Scherf sagte dazu: «Die Wirtschaft hat verstanden und macht sich auf den Weg.» Gleichzeitig brauche es aus ihrer Sicht Spielraum bei der Frage, wann Klimaneutralität erreicht werden könne.
Zweifel am Landesziel 2040
IHKN-Umweltexperte Björn Schaeper sagte, die Umfrage werfe die Frage auf, ob das Ziel des Landes, bereits 2040 klimaneutral zu sein, wirklich realistisch sei oder die Wirtschaft überfordern könnte. Die Skepsis überwiege derzeit bei vielen Unternehmen, sagte er.
Von der Politik verlangen die Unternehmen laut Kammerangaben unter anderem niedrigere Strompreise, bessere Bedingungen für Eigenversorgung und langfristige Lieferverträge, mehr Flexibilität bei der Energienutzung, den Abbau bürokratischer Hürden, technologieoffene Wege zur Klimaneutralität sowie eine verlässliche Energieinfrastruktur.
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