Die Anwälte der Eltern des erschossenen Lorenz aus Oldenburg haben die Entscheidung der Staatsanwaltschaft zu dem Fall kritisiert. Demnach hätte Anklage wegen Totschlags erhoben werden müssen, teilten die Juristen mit.
Die Staatsanwaltschaft hat den Polizisten wegen fahrlässiger Tötung angeklagt. Der Beamte soll den Schwarzen in der Nacht zu Ostersonntag bei einem Einsatz in der Oldenburger Fußgängerzone von hinten erschossen haben. Der Deutsche wurde mindestens dreimal getroffen - in Oberkörper, Hüfte und Kopf. Er starb im Krankenhaus. Über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheidet das Landgericht Oldenburg.
Initiative: «Kein Zeichen von Gerechtigkeit»
Die Eltern des Getöteten wollen sich als Nebenkläger dafür einsetzen, dass das Gericht den Prozess wegen des Vorwurfs des Totschlags eröffnet. Das Gericht sei nicht an die rechtliche Würdigung der Staatsanwaltschaft gebunden, teilten die Anwälte mit. Zudem müssten wichtige Ermittlungsmaßnahmen nachgeholt werden, forderten die Rechtsbeistände der Eltern.
Auch die Initiative «Gerechtigkeit für Lorenz» kritisierte die Entscheidung der Staatsanwaltschaft. «Diese Entscheidung ist kein Zeichen von Gerechtigkeit, sondern Ausdruck eines strukturellen Problems mangelnder Verantwortungsübernahme in Fällen tödlicher und rassistischer Polizeigewalt», teilte die Organisation mit. Der gewaltsame Tod des 21-Jährigen sei kein tragischer Unfall, sondern ein schweres Unrecht. «Mehrere Schüsse von hinten sind kein Versehen, sondern Ausdruck tödlicher Polizeigewalt», sagte Maisha Ba von der Initiative. Die Organisation kritisierte gravierende Mängel bei den Ermittlungen, zentrale Fragen seien unbeantwortet.
Die Initiative forderte eine unabhängige Untersuchung sämtlicher Beweise und Umstände. Es brauche unabhängige Ermittlungsstellen, die außerhalb der Polizei- und Justizstrukturen arbeiten und deren Arbeit überwachen. «Nur so kann eine wirklich rechtsstaatliche Aufklärung gewährleistet werden», sagte Joschka Kursawe laut Mitteilung.
Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens bewerte die Anklage dagegen als Beleg für ein ordnungsgemäßes System. Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft zeige aus ihrer Sicht deutlich, dass der Rechtsstaat funktioniere, sagte die SPD-Politikerin. «Die Ermittlungsbehörden in Niedersachsen arbeiten unabhängig, unvoreingenommen und rechtskonform», so Behrens.
Aus Sicht der Staatsanwaltschaft kann dem Polizisten kein vorsätzliches Tötungsdelikt vorgeworfen werden. Demnach glaubte der deutsche Beamte, sich in einer Notwehrlage zu befinden. Den Ermittlungen zufolge ging der Polizist davon aus, er werde mit einem Messer angegriffen. Tatsächlich versprühte Lorenz Reizgas gegen den Beamten, ein mitgeführtes Messer benutzte er aber nicht. Zum Zeitpunkt der Schussabgabe versuchte Lorenz demnach zu fliehen.
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