Die quälende Ungewissheit ist für Angehörige oft kaum zu ertragen. Glücklicherweise klären sich die meisten Vermisstenfälle schnell. Es gibt aber Schicksale, die das Umfeld und auch Polizisten über Jahre bewegen. Wie viele Menschen gelten derzeit in Niedersachsen als vermisst? Und wo bekommen nahestehende Menschen Hilfe?
Aktuell gelten in Niedersachsen 1.225 Personen (Stichtag 1.12.) offiziell als vermisst, wie das Landeskriminalamt (LKA) auf Anfrage mitteilt. In dieser Anzahl von Vermissten sind 217 Kinder (unter 14 Jahre), 373 Jugendliche (14 bis 17 Jahre) sowie 635 Erwachsene enthalten. Die Gesamtzahl liegt etwas unter den 1.312 Vermissten, die das LKA etwa zum selben Zeitpunkt im Vorjahr zählte.
Ältester Vermisstenfall aus dem Jahr 1957
Das LKA verweist darauf, dass Vergleiche und Bewertungen zu möglichen Entwicklungen schwierig seien, weil sich die Fallzahl sehr dynamisch ändere. Taucht eine vermisste Person auf, erlischt die Fahndung. Gleichzeitig kommen neue hinzu. Der älteste Vermisstenfall stammt laut LKA aus dem Jahr 1957.
Laut der Jahresstatistik wurden 2024 in Niedersachen 10.459 Menschen als vermisst gemeldet. Mit 10.050 Personen kehrte der ganz überwiegende Teil bis Jahresende 2024 wieder zurück - die meisten davon innerhalb von drei Tagen. Nur 221 Menschen blieben den Angaben nach länger als 56 Tage vermisst, was nur rund 2 Prozent der Gesamtvermissten entspricht.
Der Fall Katrin Konert beschäftigt Ermittler seit 25 Jahren
Einer der bekanntesten Fälle des Landes ist das Verschwinden von Katrin Konert aus dem Kreis Lüchow-Dannenberg. Die damals 15-Jährige war am 1. Januar 2001 in Bergen an der Dumme verschwunden und Ermittler vermuten ein Tötungsdelikt. Die mediale Aufmerksamkeit rund um den Jahrestag des Verschwindens wollen sie ganz aktuell nutzen, um gezielt auf einzelne bisher unveröffentlichte Details hinzuweisen. Der Fall bewege weiterhin die Angehörigen, das Umfeld, die Region und die Polizei, heißt es.
Von den aktuell vermissten Erwachsenen sind nach den LKA-Daten 411 Männer, 223 Frauen und eine diverse Person. Unter den vermissten Jugendlichen sind 133 weiblich, 239 männlich und ebenfalls eine diverse Person. Bei den Kindern werden 122 Jungs und 95 Mädchen vermisst.
Bei Minderjährigen wird grundsätzlich eine Gefahr gesehen
Bei vermissten Minderjährigen gehen die Ermittler grundsätzlich von einer Gefahr aus. Anders als bei vermissten Erwachsenen. Sie müssen ihr gewohntes Umfeld verlassen haben, unbekannten Aufenthalts sein und sich in einer ernsthaften Gefahr befinden. Ansonsten können Erwachsene ihren Aufenthaltsort frei wählen, und es nicht Aufgabe der Polizei, Ermittlungen durchführen.
In solchen Fällen können sich hilfesuchende Angehörige an den Verein «VerNie» - Vermisst in Niedersachsen wenden. Dieser sei vor elf Jahren gegründet worden, um Angehörige von Vermissten zu unterstützen, sagt der Vorsitzende Walter Büttner. Hilfe gebe es dann durch ein breites Netzwerk von Experten und ein Rechercheteam.
Verein aus Emden bekommt bundesweit Anfragen
«Wir sind jetzt bei dem 52. Fall. Manchmal dauert ein Fall deutlich über ein Jahr», erzählt der Vorsitzende des Vereins aus Emden. Aus seiner Sicht sollte das Angebot ausgebaut werden, weil Organisationen und Anlaufstellen fehlten. «Wir bekommen Anfragen aus dem ganzen Bundesgebiet», berichtet Büttner.
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