Der Islamismus ist nach Einschätzung von Niedersachsens Verfassungsschutz weiter eine akute Gefahr für die innere Sicherheit. «Die Gefahr islamistischer Anschläge ist nach wie vor hoch und hat keineswegs abgenommen», sagte Verfassungsschutzpräsident Dirk Pejril der Deutschen Presse-Agentur.
Dabei radikalisierten sich heute zunehmend Menschen, «die wir vorher nicht auf dem Schirm hatten», sagte Pejril. «Wer sich heute radikalisiert, geht dafür nicht zwingend in eine islamistische Moschee.» Oft passiere das online in geschlossenen Gruppen und Foren – auch bei Flüchtlingen. «Wir stellen zunehmend junge Männer mit Fluchthintergrund fest, die in Deutschland nicht richtig angekommen sind und sich dann online radikalisieren.»
Terrororganisationen aus dem Ausland suchen gezielt im Internet nach «labilen, nicht gefestigten Personen, um sie zu Gewalttaten zu motivieren». Die Radikalisierungsverläufe von Einzelpersonen seien im Internet deutlich schwerer zu erkennen, weil sie überwiegend keine erkennbaren Aktivitäten in der realen Welt zeigten. Von ihnen könne aber ein erhebliches Gefahrenpotenzial ausgehen, das bis zur Planung von Anschlägen reiche.
So viele Islamisten gibt es in Niedersachsen
Insgesamt rechnet der Verfassungsschutz etwa 1.200 bis 1.300 Menschen der islamistischen Szene in Niedersachsen zu, darunter rund 600 Salafisten. «Davon ist aber nur ein kleiner Teil als gefährdungsrelevant zu bewerten», sagte Pejril.
Eine Zunahme durch den Gaza-Krieg stellt der Verfassungsschutzpräsident nicht fest: «Ich würde nicht sagen, dass es seit dem Gaza-Krieg mehr Islamisten bei uns gibt. Die Vorhandenen werden aufgrund ihrer emotional aufgeladenen Aktivitäten nur stärker wahrgenommen.»
Zu beobachten sei aber eine besorgniserregende Vermischung von Szenen bei Gaza-Demonstrationen. «Teilweise bilden sich neue Allianzen, deren gemeinsamer Nenner der israelbezogene Antisemitismus ist. Wir haben Akteure aus dem islamistischen Spektrum, aber genauso aus dem säkularen pro-palästinensischen Bereich oder dem deutschen und türkischen Linksextremismus», sagte Pejril.
Präventionsveranstaltung heute in Hannover
Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) eröffnet heute (9.30 Uhr) in Hannover die Jahresveranstaltung des Kompetenzforums Islamismusprävention Niedersachsen. Die Veranstaltung steht unter dem Titel «Kindheit und Jugend in Krisenzeiten – Gemeinsame Wege in der Islamprävention».
In dem Kompetenzzentrum arbeitet das Innenministerium mit dem Sozial-, dem Justiz- und dem Kultusministerium sowie dem Landespräventionsrat und der Präventionsstelle Politisch Motivierte Kriminalität des Landeskriminalamts zusammen.
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