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Krimineller Staatsanwalt? - So kamen Ermittlungen ins Rollen

Der in Untersuchungshaft sitzende Staatsanwalt bestreitet, Behörden-Interna gegen Geld an eine Bande von Kokainhändlern weitergegeben zu haben. (Archivbild) / Foto: Julian Stratenschulte/dpa
Der in Untersuchungshaft sitzende Staatsanwalt bestreitet, Behörden-Interna gegen Geld an eine Bande von Kokainhändlern weitergegeben zu haben. (Archivbild) / Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Ein Jurist soll Drogenhändlern Details aus einem Verfahren um den Fund von 16 Tonnen Kokain verraten haben. Der in U-Haft sitzende Staatsanwalt bestreitet die Vorwürfe. Zeugen sind verschlossen.

Die Ermittlungen gegen einen inzwischen inhaftierten Staatsanwalt sind durch einen Beamten aus dem niedersächsischen Justizministerium forciert worden. Der 53-Jährige wurde im Prozess gegen den Drogen-Ermittler, der Geschäfte mit einer Kokain-Bande gemacht haben soll, als Zeuge vernommen. Ausführlich berichtete er über Informationen, die ihm im September 2022 von einem Rechtsanwalt zugetragen worden seien.

Der Anwalt habe vom Korruptionsverdacht gegen einen Staatsanwalt aus Hannover - er sei «Perser» - berichtet. Zudem habe er vom Verdacht gegen zwei IT-Mitarbeiter des niedersächsischen Landeskriminalamtes (LKA) gesprochen. Der Angeklagte ist Deutsch-Iraner.

Der Staatsanwalt soll zwischen Juni 2020 und März 2021 gegen Geld Interna aus Ermittlungsverfahren preisgegeben und die internationale Bande vor einer Razzia gewarnt haben. Sie stand im Zusammenhang mit dem Fund von 16 Tonnen Kokain im Hamburger Hafen. Der Angeklagte bestreitet die Vorwürfe. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Zeuge: «Gerüchteküche in der BTM-Szene in Hannover»

Der Justizbeamte, der in der Vergangenheit lange Oberstaatsanwalt war, riet dem Informanten, sich an die damalige Leiterin der Staatsanwaltschaft Hannover oder einen Kollegen von einer anderen Staatsanwaltschaft zu wenden. Zudem schaute er nach eigener Aussage im Intranet der niedersächsischen Justiz und stieß dabei nur auf einen Namen bei der Staatsanwaltschaft Hannover, der «Perser» seien könne. Den konkreten Namen habe der Informant nicht genannt.

Der Rechtsanwalt übermittelte dem Justizbeamten auch Fotos von entschlüsselten Chats von Drogenhändlern und berichtete unter anderem, er habe gehört, dass der verdächtige Staatsanwalt eine beschlagnahmte Rolex-Uhr wieder beschafft habe. «Es muss eine ziemliche Gerüchteküche hier in der BTM-Szene in Hannover gewesen sein», sagte der Zeuge. Der angeklagte Staatsanwalt war Dezernent in der Betäubungsmittel (BTM)-Abteilung.

Laut Justizministerium bearbeitete er zwischen Mai 2019 und Mitte Februar 2024 insgesamt 247 Verfahren. Ein Angehöriger des Juristen erhielt 2021 wegen Drogendelikten eine Haftstrafe. Der Staatsanwalt wurde aber erst 2024 von der Drogen-Abteilung in die Abteilung Kapitaldelikte versetzt.

Ehefrau und Schwager schweigen im Zeugenstand

Am Dienstag waren auch die Ehefrau und ein Schwager des Angeklagten als Zeugen geladen. Sie beriefen sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht als Angehörige.

Zudem sollte der Rechtsanwalt gehört werden, der den Korruptionsverdacht aufgebracht hatte. Der berief sich ebenfalls auf sein Zeugnisverweigerungsrecht, weil ihm seine Mandanten keine Aussagegenehmigung erteilt hätten. Er hatte den Spediteur der Kokain-Bande verteidigt, der den Hinweis gab, dass der Staatsanwalt der gesuchte «Maulwurf» sein könnte. Nachdem sich so viele Verdächtige vor der Razzia 2021 abgesetzt hatten, wurde das Leck bei den Behörden gesucht.

Schon 2022 wurde ein Ermittlungsverfahren gegen den jetzt angeklagten Staatsanwalt eingeleitet, seine Wohnung und seine Diensträume wurden durchsucht. Dieses Verfahren wurde im Oktober 2023 eingestellt, weil sich der Verdacht zunächst nicht erhärtete.

Box-Trainer soll Gelder der Kokain-Bosse überreicht haben

Konkret werden dem 39-Jährigen 14 Fälle von besonders schwerer Bestechlichkeit zur Last gelegt. Zudem ist er wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses und Strafvereitelung im Amt angeklagt. Wegen Beihilfe zur Bestechung steht ein 41 Jahre alter Trainer eines Kampfsport-Studios mit vor Gericht. In zwölf Fällen soll er als Mittelsmann der Kokain-Bosse die monatlich vereinbarten 5.000 Euro in bar dem Staatsanwalt überreicht haben.

Die in Niedersachsen oppositionelle CDU sprach in der Vergangenheit bereits von einem «Justizskandal» und wirft unter anderem die Frage auf, warum die Spitze des Justizministeriums nicht frühzeitig von dem Verdacht erfahren habe.

Die Prozessbeteiligten stellen sich auf eine lange Verfahrensdauer ein. Mittlerweile wurden Verhandlungstermine bis Ende Februar 2026 angesetzt. Der Spediteur der Kokain-Händler soll nach aktueller Planung im Oktober vernommen werden.

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