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Autofahrer fuhr Schüler an - «Extra in ihn hineingekracht»?

Ein 13-Jähriger aus Bremen wurde auf Rügen mutmaßlich gezielt angefahren und dabei schwer verletzt. (Archivbild) / Foto: Stefan Sauer/dpa
Ein 13-Jähriger aus Bremen wurde auf Rügen mutmaßlich gezielt angefahren und dabei schwer verletzt. (Archivbild) / Foto: Stefan Sauer/dpa

Ein Autofahrer soll im August 2024 in Prora auf der Insel Rügen gezielt auf einen 13-Jährigen aus Bremen zugerast sein und ihn schwer verletzt haben. Der Mann steht nun vor Gericht.

Die entscheidende Frage ist, ob der Cabriofahrer im August vorigen Jahres den 13-jährigen Schüler aus Bremen mutwillig und mit Absicht angefahren hat. Der Achtklässler wurde bei dem Unfall damals auf Rügen schwer verletzt. Das Amtsgericht Bergen versucht, die Wahrheit herauszufinden. Auf der Anklagebank sitzt der damalige Autofahrer, ein 47-jähriger Unternehmer, dem gefährliche Körperverletzung und Fahrerflucht vorgeworfen wird.

Mittelfinger gezeigt

Der heute 14-jährige, der mit seinen Eltern als Nebenkläger an dem Prozess teilnimmt, war am 14. August in einer Gruppe von sieben Schülern und Schülerinnen in Prora (Gemeinde Binz) nach Abmeldung bei den Lehrern gegen 21.00 Uhr zu Fuß auf dem Weg zu einem Supermarkt. Ihre Klasse aus Bremen übernachtete während eines einwöchigen Ausfluges in der nahe gelegenen Jugendherberge. An einer Straßenkreuzung machte der Junge ein paar Faxen, laut unterschiedlichen Zeugenaussagen soll er aus Jux auf der Straße getanzt oder gehockt haben oder Liegestütze gemacht haben, als das Cabrio vorbeifuhr.

Er habe sich erschreckt und dem Autofahrer dann den Mittelfinger hinter hergezeigt, sagte der Jugendliche aus. Der Fahrer habe das wohl bemerkt, den Wagen gewendet und sei dann zurückgefahren. Laut Anklage soll er dann den Schüler mit einer gezielten Lenkbewegung angefahren und schwer verletzt haben. Der Junge wurde mehrere Meter durch die Luft geschleudert und erlitt unter anderem ein Schädelhirntrauma und mehrere Wunden. Allerdings konnte er nach dem Unfall aufstehen und mit seinen Freunden zurück in die Jugendherberge laufen.

«Lauft, rennt weg»

Das Gericht vernahm elf Zeugen, darunter mehrere Klassenkameradinnen und -kameraden des Geschädigten, die mit ihren Eltern nach Bergen zu dem Prozess gereist waren. Sie sagten übereinstimmend aus, dass der Fahrer damals nach dem Zusammenprall ausgestiegen sei. Es gab aber unterschiedliche Angaben darüber, was er danach sagte. Einige berichteten davon, dass der Fahrer «Lauft, rennt weg» geschrien habe. Andere gaben an, dass er sich nach dem Befinden des Jungen erkundigt und gefragt habe, ob er einen Rettungswagen rufen solle.

Der Mann entfernte sich aber anschließend vom Unfallort, ohne die Polizei zu informieren. Das Auto wurde erst Wochen später sichergestellt. Der 47-Jährige betonte, er habe noch nie in seinem Leben auch nur ansatzweise vorgehabt, jemanden zu schädigen und zu bestrafen. Er bezeichnete den Vorfall für alle Beteiligten als Katastrophe. Sein Verteidiger Frank Ackermann bezeichnete den Unfall als «tragischen Unglücksfall».

Weiter in Behandlung

Breiten Raum nahm die Frage ein, wo der Schüler damals genau auf der Straße stand. Fest steht, dass er kurz vor dem Zusammenstoß mit dem Auto intuitiv hoch sprang. Durch die Geistesgegenwart seien wahrscheinlich viel schlimmere Verletzungen verhindert worden, sagte der Vorsitzende Richter. Noch heute leidet der Junge nach eigenen Angaben unter Schulterschmerzen. Er sei auch weiter in neuropsychologischer Behandlung.

Als Zeuge sagte am ersten Prozesstag auch ein Anwohner aus, der den Unfall aus dem Fenster seines Hauses direkt gegenüber der Kreuzung sah, und der auch die Polizei alarmierte. Er gab an, der Mann sei mit seinem Auto nach rechts leicht versetzt auf den Schüler zugefahren, was auch eine 14-jährige Mitschülerin bestätigte: «Das Auto ist nach rechts gefahren und extra in ihn hineingekracht.»

Auto bei Hausdurchsuchung entdeckt

Das Gericht wird auch die Aussage eines Zeugen zu bewerten haben, der von einem Anruf des Angeklagten berichtete. Diese habe ihn dabei gebeten, bei der Polizei anzugeben, dass er sein Cabrio verkauft habe. Das Fahrzeug war damals an der Windschutzscheibe erheblich beschädigt worden. Die Polizei hatte nach Fahrzeug und Fahrer gefahndet.

Gefunden wurde der Wagen letztlich am 5. September 2024 bei einer Hausdurchsuchung auf dem Betriebsgelände des Angeklagten, wo es in einer Garage unter Planen und Decken hinter Möbeln stand. Auch ein technischer Sachverständiger nahm an der Verhandlung teil. Der Prozess wird am 16. Juni fortgesetzt. Dann wird auch ein Urteil erwartet.

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