Die AfD-nahe Arbeitnehmerorganisation Zentrum will bei VW Fuß fassen und verlangt nun vor Gericht Zugang zum Betrieb. Vor dem Arbeitsgericht Braunschweig klagt der Verein, der sich selbst als «alternative Gewerkschaft» bezeichnet, gegen die VW-Tochter Volkswagen Group Services. Eine Einigung gab es beim Kammertermin am Donnerstag nicht. Ein Urteil soll am 21. August fallen, wie Richter Ingo Hundt am Ende der ergebnislosen Verhandlung ankündigte.
Zentrum will bei Volkswagen Group Services am Standort Isenbüttel (Landkreis Gifhorn) gewerkschaftliche Vertrauensleute wählen lassen und verlangte dafür Zugang zum Betrieb. Die Organisation will für die Abstimmung werben, Infomaterial verteilen und die Wahl dann auch im Betrieb durchführen. Doch VW stellte sich quer und verwehrte den Zugang. Begründung: Der Verein sei keine in dem Betrieb vertretene tariffähige Gewerkschaft. Daher könne er sich auch nicht auf die gesetzlichen Sonderrechte einer Gewerkschaft berufen.
Zudem gebe es Zweifel, ob Zentrum überhaupt Mitglieder in dem Betrieb hat. VW fertigt dort Achsen. Der Verein hat eigenen Angaben zufolge sechs Mitglieder an dem Standort mit knapp 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Eine entsprechende Mitgliederliste wurde beim Kammertermin vorgelegt. Vertrauensleute sind Ansprechpartner einer Gewerkschaft im Betrieb und gelten als Bindeglied zwischen Belegschaft und Gewerkschaft. Anders als beim Betriebsrat ist ihre Wahl nicht gesetzlich geregelt.
Erster Aufschlag bei Volkswagen
Bei Volkswagen ist es das erste Mal, dass die Gruppe eigene Vertrauensleute wählen lassen will. «Wir haben in verschiedenen Betrieben bereits erfolgreich Vertrauensleutewahlen durchgeführt», teilte Zentrum-Gründer und Vorstandsvorsitzender Oliver Hilburger auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. «Im Volkswagen-Konzern planen wir derzeit erstmals eine solche Wahl, was für uns ein weiterer wichtiger Schritt beim Ausbau unserer gewerkschaftlichen Präsenz ist.»
Bisher ist der Verein vor allem in Süd- und Ostdeutschland aktiv. Gegründet wurde er 2009 als «Zentrum Automobil» im Mercedes-Benz-Werk in Stuttgart-Untertürkheim. 2010 gelang dort mit einer eigenen Liste erstmals der Einzug in den Betriebsrat, später auch bei Daimler in Rastatt und Sindelfingen. Ein sächsischer Ableger zog 2018 bei BMW und Porsche in Leipzig in den Betriebsrat ein. Bei Volkswagen selbst sitzen dagegen bisher keine Vertreter von Zentrum-Listen in den Betriebsräten.
Neues Regionalbüro Nord eröffnet
Im April hatte der Verein ein Regionalbüro in Hannover eröffnet, das den Aufbau in Norddeutschland vorantreiben soll. Geleitet wird es von Jens Keller, AfD-Stadtrat in Hannover und Personalrat beim kommunalen Entsorgungsunternehmen Aha der Landeshauptstadt. Keller war bisher Mitglied bei Verdi, Mitte April aber ausgetreten und zu Zentrum gewechselt. Sein Ziel sei es, die Mitgliederzahl der «Altgewerkschaften» in den kommenden Jahren zu halbieren, sagte Keller im April anlässlich der Eröffnung des neuen Regionalbüros «Zentrum Nord».
Zentrum-Chef Hilburger hatte Vorwürfe, sein Verein sei gar keine Gewerkschaft, bereits bei der Eröffnung des Regionalbüros in Hannover scharf zurückgewiesen. «Natürlich sind wir eine Gewerkschaft», sagte er. «Dieses Gerede, wir sind nur ein Verein, das soll uns im Prinzip klein machen.» Sein Ziel sei es, die Vormachtstellung der etablierten DGB-Gewerkschaften zu brechen.
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