Wegen einer bevorstehenden Abschiebung eines Aktivisten in die Türkei hat der Linken-Bundestagsabgeordnete Bodo Ramelow Niedersachsens Ministerpräsidenten Olaf Lies (SPD) zum Handeln aufgefordert. Betroffen ist Mehmet Çakas, ein nach Angaben von Unterstützern kurdischer Aktivist, der in Niedersachsen inhaftiert ist und wegen Unterstützung der Arbeiterpartei PKK verurteilt wurde. Die PKK unterliegt in Deutschland seit 1993 einem Betätigungsverbot.
In einem Brief, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, warnt Ramelow, eine Rückführung könne zu «unumkehrbaren Tatsachen» führen. Er verweist auf eine laufende Klage vor dem Verwaltungsgericht Lüneburg gegen die Ablehnung des Asylfolgeantrags sowie auf ein Eilverfahren beim Bundesverfassungsgericht.
Man solle die Entscheidungen der Gerichte und den beginnenden Friedensprozess in der Türkei abwarten, schreibt der Linken-Politiker. Çakas drohten dort politische Verfolgung, ein unfaires Verfahren und Folter.
Innenministerium: Person ist zwingend abzuschieben
Das Innenministerium teilte auf Anfrage mit, die Behörden handelten auf Grundlage rechtlicher Vorgaben und stünden mit den beteiligten Gerichten in Kontakt. Das zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge habe Çakas' Asylanträge geprüft und kein Abschiebungsverbot festgestellt.
Das Land Niedersachsen sei hier nicht zuständig. «Die anhängige Klage hat keine aufschiebende Wirkung, sodass die Aufenthaltsbeendigung eingeleitet werden kann», teilte ein Sprecher mit. Ein voriger Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz sei vom Verwaltungsgericht Lüneburg abgelehnt worden. «Somit besteht hier eine vollziehbare Ausreisepflicht, und die Person ist […] zwingend abzuschieben.» Zum Termin der Abschiebung machte das Ministerium keine Angaben.
Ministerpräsident Lies selbst äußerte sich dazu nicht. Eine Sprecherin der Landesregierung bestätigte den Eingang von Ramelows Briefs. Er werde geprüft, für eine Bewertung sei jedoch das Innenministerium zuständig.
Frühe Entlassung, schnelle Abschiebung?
Nach Angaben der niedersächsischen Linken wurde Çakas im April 2024 vom Oberlandesgericht Celle zu einer Haftstrafe verurteilt. Die Generalstaatsanwaltschaft habe die Strafvollstreckung im Juli 2025 überraschend zurückgestellt – aus Sicht von Unterstützern, um eine schnelle Abschiebung zu ermöglichen. Ohne diese Entscheidung hätte er demnach noch bis Oktober in Haft bleiben müssen.
Die kurdische Organisation Civaka Azad spricht von einer geplanten Abschiebung am 28. August, wenige Tage vor einer Gerichtsverhandlung in Lüneburg.
Inzwischen gibt es eine Petition gegen die Abschiebung, die bislang rund 800 Menschen unterzeichnet haben. Darin wird gefordert, das Verfahren auszusetzen und Çakas ein faires Asylverfahren in Deutschland zu ermöglichen.
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