Pro-Palästina-Camps etwa an Hochschulen sollten nach Meinung des Wissenschaftsministeriums sensibel beobachtet werden. Das teilte das Ministerium auf Anfrage mit. In den vergangenen Tagen fand erneut ein solches Zeltlager auf dem Campus der Leibniz-Universität in Hannover statt.
Es sei Aufgabe der Polizei, sehr sensibel auf die Handlungen und Äußerungen aus dem Camp zu achten. «Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ist in unserer Verfassung aus guten Gründen ein hohes Gut», hieß es zudem aus dem Ministerium. Die Gesellschaft müsse auch Demonstrationen und Protestaktionen aushalten, die sie inhaltlich ablehne.
Dazu stellt das Ministerium klar: «Das Existenzrecht Israels muss immer in aller Klarheit respektiert werden.» Dort verlaufe die Grenze zwischen zulässiger Kritik und strafbaren Äußerungen. Die Protestgruppe in Hannover - Students for Palestine - teilte dazu mit, dort gebe es keinen Platz für Antisemitismus oder sonstige Diskriminierungsformen. Die Gruppe unterscheide aber zwischen Judentum und Israel.
Derzeit keine weiteren Camps bekannt
Weitere Camps oder organisierte Protestaktionen in Niedersachsen sind dem Wissenschaftsministerium nach eigener Aussage derzeit nicht bekannt. Auch der Universität Göttingen sind aktuell keine größeren Protestaktivitäten bekannt, wie die Hochschule mitteilte. Dort hatte es im vergangenen Jahr ein Protestcamp gegeben.
«Insbesondere unsere Hochschulen müssen sichere Räume für jüdische Studierende und Mitarbeitende sein», sagte Wissenschaftsminister Falko Mohrs (SPD). «Ich verstehe sehr gut, dass sich jüdische Studierende und Mitarbeitende von bestimmten Formen des Protests eingeschüchtert oder bedroht fühlen.» Das Recht der Demonstrierenden sei aber zu akzeptieren, solange klare Grenzen nicht überschritten werden.
Regierung und Opposition für schärfere Sanktionen
Die Opposition im niedersächsischen Landtag fordert ein neues Gesetz, wonach Studierende bei Antisemitismus- oder Extremismus-Vorfällen leichter exmatrikuliert werden können. Dazu hat die CDU bereits einen Gesetzesentwurf vorgelegt.
Meinungsfreiheit ende dort, wo Antisemitismus oder die Einschüchterung Andersdenkender beginnen, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der CDU, Carina Hermann. «Hochschulen müssen Orte des freien, respektvollen Austauschs bleiben – frei von Hass und ideologischer Vereinnahmung.» Israelkritik sei legitim, wenn sie sachlich bleibe. «Entscheidend ist der Kontext – wo aus Kritik Hass wird, ist eine klare Grenze überschritten.»
Die rot-grüne Regierung plant, sich dem Thema bei der bevorstehenden Änderung des Hochschulgesetzes anzunehmen. «Wir wollen die Exmatrikulationsmöglichkeiten bei Volksverhetzungen explizit regeln», teilte das Wissenschaftsministerium.
In einer Mitteilung hieß es aber auch: Eine gesetzliche Neuregelung sei sehr sensibel, weil es Grundrechte wie die Meinungsfreiheit und Ausbildungsfreiheit betreffe. Die Regierung will auch mehr Geld für die Landeszentrale für politische Bildung als neue zentrale Anlaufstelle zur Antisemitismusprävention an Universitäten bereitstellen.
Protestierende fordern Stopp von Uni-Kooperationen
Die Protestierenden in Hannover sind laut eigener Aussage hauptsächliche Studierende, die in dem Zeltlager auch teilweise übernachten. Es seien bis zu 50 Menschen vor Ort. Sie fordern unter anderem eine Aussetzung aller formellen Kooperationen der Leibniz-Universität mit israelischen Universitäten. Dabei werfen sie der Uni laut einer Mitteilung Komplizenschaft an einem Genozid an Palästinensern vor. Ein Genozid im Nahost-Konflikt wurde aber bisher nicht offiziell nachgewiesen.
Weiter sprechen sich die Studierenden für ein Ende des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Israel aus, wie auch auf Plakaten zu sehen ist. Israel ist dabei teilweise in Anführungszeichen gesetzt. Das Abkommen regelt verschiedene Aspekte etwa aus den Bereichen Industrie, Energie und Tourismus. Auf einem Plakat wird auch der Stopp von Waffenlieferungen an Israel gefordert.
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